„Mein Herz ist bereit, GOTT...

„Mein Herz ist bereit, GOTT...

„Mein Herz ist bereit, GOTT...

# Pfarrerin Gorgas denkt ...

„Mein Herz ist bereit, GOTT...

„Mein Herz ist bereit, GOTT, mein Herz ist bereit...“ (Psalm 57,8)

„Wenn du das Wort zustande bringst, so sollst du dein eigener Herr sein, und ich schenke dir die ganze Welt und ein Paar Schlittschuhe dazu!“ So hatte sie zu dem kleinen Jungen gesagt und war wieder für lange Zeit verschwunden.

Und so saß denn der kleine Kai und lief hin und her und dachte und baute und legte Worte und spielte das Eis-Spiel des Verstandes. Er war blaugefroren, aber er merkte es nicht, denn das Kältegefühl war ihm weggeküsst worden und obendrein war sein Herz ein Eisklumpen. Es gelang ihm einfach nicht. Er konnte das Wort EWIGKEIT nicht aus Eisstücken legen. Es gelang nicht.

Der große Dichter Hans-Christian Andersen erzählt in seiner „Schneekönigin“ die Geschichte von Gerda und Kai. Zwei Menschenkinder, die, einander zugetan, die Tage ihrer Kindheit teilen. Unbedacht, sorglos, überwinden sie Grenzen und Mauern, besuchen einander, spielen. Kinder eben. Sie wachsen heran und Schritt für Schritt weitet sich die Welt. Nachdenken, den Dingen auf den Grund gehen, den Schlitten an das brausende Gefährt der wirbelnden Frau binden, Erfahrungen machen. Kai folgt der Schneekönigin in ihr Reich, sein Herz wird kalt und kälter.

Und Gerda, die Freundin, bricht auf. Ins Leben hinein, ihren Kai zu suchen. Kein Menschenkind soll verloren sein. Ihre Reise führt sie durch die Winter der Welt. Überall begegnet ihr das Leben in seiner ganzen Vielfalt. Sie lernt die Liebe einer Erwachsenen kennen, die sie halten möchte, behalten, für sich haben. Und sie kann sich befreien aus dieser Umklammerung von zu viel Liebe. Ein Räubermädchen kann ihr zwar alles stehlen, aber nicht das Herz. Und die Königskinder, die Gerda trifft, und die einander vertrauten Tiere, sie alle erzählen nur immer wieder dieselbe Geschichte. Dass ein jeder sich aufmachen muss, die Liebe zu entdecken.

Und so kommt Gerda schließlich an. Am Palast der Schneekönigin. Die eisigen Winde des Unverstands, des Neids, der Gier, der Hartherzigkeit wehen ihr ins Gesicht und verwehren den Eintritt. Und doch: „Als sie ihr Abendgebet sprach, da legten sich die Winde, als ob sie schlafen wollten…“ Gerda findet Kai und wir alle kennen den Ausgang der Geschichte. Märchenhaft, traumhaft, gegen alle Wirklichkeit. Wahr. Gerdas heiße Tränen, ihr liebendes Herz, ihre zugewandten Worte, ihre nicht zu erklärende Liebe bringen das Eisherz zum Schmelzen, schwemmen den Splitter aus Eigennutz und Selbstherrlichkeit aus Kais Körper und lassen seine Seele die Liebe finden.

Und Kai, der erwachsene Kai, erkennt, wie kalt es um ihn ist und wie weiß und leer. Und er hält sich fest an Gerda, an der Liebe, am brennenden Herzen. Und das ist so wunderbar und so herrlich, dass die Eisstücke zu tanzen beginnen, und dann, müdegetanzt, legen sie sich nieder und da liegt es, das Wort der Freiheit für Kai. EWIGKEIT. So steht es geschrieben. Getanzt aus Liebe und vermischt mit den Tränen und dem Lachen der Liebenden.

Und dann ist das Märchen wirklich zu Ende. Und alle sagen: „Ende gut, alles gut.“ Und vielleicht, dass es ja nur ein Märchen sei. Und doch. Ich weiß, wie sehr wir Menschenkinder solche Geschichten brauchen. Ich weiß, wie sehr ich darauf angewiesen bin, dass mir nachdenkliche Menschen eben gerade keine Märchen unter dem Deckmantel der Beschönigung erzählen, sondern mich mit dem ewigen Mantel der wärmen Liebe zum Leben einhüllen. Es muss sie geben, die kleinen Gerdas mit ihrer Bedingungslosigkeit. Mit ihrem Vertrauen in das Leben und mit der Gewissheit, dass das Leben am Ende überlebt. Und es muss sie geben, die Kais, die durch nichts abzulenken sind und sich am Ende doch erweichen lassen. Nicht für die ganze Welt und auch nicht für ein Paar neue Schlittschuhe, sondern immer nur um der Liebe willen.

Ich kann auch sagen um Gottes willen. Denn die Geschichte Gottes mit seinen Menschenkindern ist genauso eine brennende Liebesgeschichte. Eine Geschichte vom Vertrautsein, vom Aufbruch, vom Suchen, vom Werben, und immer wieder vom Lieben. Unser GOTT ist ein Liebender. ER, der Herrscher der Welt, lässt uns seine Kinder sein. Märchenhaft, traumhaft. ER lässt uns erwachsen glauben. Die EWIGKEIT ist längst gelegt. In unsere Herzen. In unseren Verstand. Wir sind frei. Frei, zu lieben. Frei, die Eisklumpen wegzuküssen mit unseren Tränen. Frei, miteinander unterwegs zu sein. Frei, bereit zu sein für GOTT.

„Mein Herz ist bereit, GOTT, mein Herz ist bereit, dass ich singe und lobe.“ (Psalm 57,8)

Ihre
Pfarrerin Barbara Gorgas

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