Glaube versus Wissen

Glaube versus Wissen

Glaube versus Wissen

# Pfarrer Domanski meint ...

Glaube versus Wissen

"Das muss man eben glauben." Dieser Satz kam öfters von meinen frommen Freunden in der Schulzeit, als ich anfing, mich für Glauben und Theologie zu interessieren. Auch heute höre ich ihn gelegentlich von Gemeindegliedern. Und jedes Mal denke ich: "Müssen muss ich gar nichts." Wie ist das? Muss ich meinen Verstand an der Garderobe abgeben, bevor ich die warmen und heimeligen Räume des Glaubens betrete? Geht es beim christlichen Glauben um Dinge, die man eben glauben muss?  

Das Wort "Glauben" ist vieldeutig. Meistens bedeutet es, etwas nicht genau zu wissen. "Ich glaube, dass morgen die Sonne scheint," bedeutet, ich weiß es nicht genau, aber ich vermute, dass es morgen schönes Wetter gibt. In den Original-Sprachen der Bibel, Hebräisch und Griechisch, bedeuten "Glaube" und "Vertrauen" dasselbe. Das gibt es auch im Deutschen. "Ich glaube dir." bedeutet: "Ich vertraue dir."

Beim christlichen Glauben geht es nicht darum, etwas Fragwürdiges für wahr zu halten, sondern Jesus zu vertrauen. Es geht nicht darum, was ich glaube, sondern wem ich glaube. 

Für mich ist Jesus vertrauenswürdig - glaubwürdig. Glaubwürdig in seiner Liebe zu den Menschen, die von anderen verachtet wurden. Glaubwürdig in seinem Einstehen für seine Überzeugungen bis zum Schluss. Glaubwürdig auch in seiner Frustration darüber, dass manchmal nicht einmal seine engsten Freunde verstehen, worum es ihm geht. Ihm glaube ich.  

Und das Wissen? Natürlich gibt es Christen, die in wissenschaftlichem Fortschritt eine Gefahr für ihren Glauben sehen. Die Kirche hat in den vergangenen Jahrhunderten oft genug neue Ideen bekämpft. Ich halte das für ein Missverständnis. Es geht nicht um die Frage, ob Gott die Welt in sieben Tagen erschaffen hat, oder ob der Mensch vom Affen abstammt. Es geht darum, ob ich darauf vertrauen kann, dass mein Leben einen Sinn hat, dass ich geliebt bin - oder ob ich glaube, dass meine Existenz bloß ein dummer Zufall ist.  

Wer je verliebt war, weiß dass es in Beziehungen und Herzensdingen es kein Wissen gibt - nur Vertrauen. Ich kann dem anderen nicht beweisen, dass ich ihn liebe. Roten Rosen können ein Zeichen für meine Liebe sein oder für mein schlechtes Gewissen - so wie alles andere, das ich tue.

Vertrauen kann sich bewähren - oder auch nicht. Aber dazu muss ich dem Gegenüber eine Chance geben. So ist es auch mit Gott. Und es kann eine Gewissheit daraus wachsen, die trägt - im Leben und im Sterben und darüber hinaus.

Pfarrer Jean-Otto Domanski

Dies könnte Sie auch interessieren

0
Feed