02/07/2024 0 Kommentare
Mangelnde Rücksicht!?
Mangelnde Rücksicht!?
# Aus der Gemeinde ...
Mangelnde Rücksicht!?
Ich finde, Fußgänger haben viel zu wenig Rechte. Und die, die sie haben, werden ständig missachtet. Es nervt einfach, wenn man einen Bürgersteig entlanggeht und dann plötzlich ein Auto aus einer Einfahrt herauskommt und auf den Gehweg rollt. Der Weg ist mir als Fußgänger versperrt und ich kann erst weiter, wenn die Straße frei ist und das Auto einbiegen kann. So ist das in der Straßenverkehrsordnung nicht vorgesehen! Über diese mangelnde Rücksicht Fußgängern gegenüber kann ich mich jedes Mal so richtig aufregen.
Neulich wollte ich zu einem Spaziergang starten; schon vor der Einfahrt des Nebenhauses wurde ich gestoppt. Mein Nachbar rollte mit seinem Auto gerade aus der Einfahrt auf den Gehweg. Als ich noch überlegte, ob genug Platz sein würde, um an ihm vorbeizugehen, gab er Gas und fuhr mit Schwung zurück in die Einfahrt, um mir den Weg freizumachen. Als ich vorbei war, drehte ich mich um und rief ihm zu: "Das wäre doch nicht nötig gewesen! Ich wäre schon vorbeigekommen!" Beim Weitergehen fragte ich mich: "War das wirklich ich, die das soeben gesagt hat? Ich, die doch immer so auf die Rechte von Fußgängern pocht?"
Tatsächlich: Ich habe es meinem Nachbarn kein bisschen übel genommen, dass er da auf dem Gehweg stand. Und das liegt daran, dass ich ihn kenne. Ich weiß, dass er kein rücksichtsloser Mensch ist. Ich weiß, er hat nicht nur sich selbst, sondern auch andere im Blick. Wenn er mir einmal im Weg steht – was macht das schon? Ich weiß ja, dass er sonst fast immer Rücksicht auf mich nimmt.
Wenn wir jemanden kennen, schätzen und mögen, sehen wir ihm vieles nach. Er muss uns dann nicht ständig beweisen, dass er uns im Blick hat. Von den Menschen, die wir kennen und mögen, sind wir bereit, vieles zu tolerieren, was uns sonst eigentlich nerven würde.
Und so könnte ich mir beim nächsten auf den Bürgersteig rollenden Auto sagen: "Das könnte jetzt dein Nachbar sein!". Ist er ja auch, vom christlichen Standpunkt aus betrachtet. Jeder, den ich treffe, ist mein "Nächster" oder mein Nachbar, und ich bin aufgerufen, ihm mit der Barmherzigkeit zu begegnen, die ich selbst von Gott bekomme (Jahreslosung 2021!). Dazu gehört vielleicht, dass ich ihm einen Vertrauensvorschuss gebe und erst einmal davon ausgehe, dass er nicht ständig ohne Rücksicht auf andere unterwegs ist. Vielleicht ist er ja eigentlich ganz anders, und ich muss ihn nicht gleich in die Schublade "rücksichtslos" stecken.
Ich bin oft als Fußgänger unterwegs, und das nächste Auto, das mir den Bürgersteig versperrt, kommt bestimmt. Ich hoffe, dass mir dann mein Nachbar einfällt und die Schubladen erstmal zu bleiben.
Ihre
Regina Schlingheider
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