Bevor ich mit meiner Morgengymnastik beginne, liege ich meist noch eine Minute still auf dem Boden. Und da geschieht es manchmal, dass ich in meiner unteren Wirbelsäule ein leichtes Knacken spüre. Irgendetwas, das sich leicht verschoben hatte, rutscht da wieder an seinen Platz. Ich liebe dieses Gefühl am Morgen, dass sich etwas wieder einrenkt, wieder an seinen Platz findet. Es sagt mir: Es ist alles wieder auf Anfang gestellt, der Tag kann beginnen!

Eine Freundin von mir wurde, als sie sich bei der anglikanischen Kirche fürs Pfarramt bewarb, im Gespräch gefragt: „Was ist für Sie das Wichtigste am christlichen Glauben?“ Und sie erzählte mir, dass sie damals antwortete: „Dass ich jeden Tag neu anfangen kann!“  

Dass ich jeden Tag neu anfangen kann! Dass da eine Bahn frei geräumt ist, dass es immer einen Weg für mich gibt! Das mag sich oft nicht so anfühlen, vor allem nicht in dieser dunklen Jahreszeit, und zu Pandemiezeiten, wo wir uns vielleicht noch öfter düstere Gedanken machen als sonst. Und doch beginnt Neues ja oft, wenn man es noch gar nicht erkennen kann, es beginnt, wenn es noch dunkel ist. Auch der Anfang dieses Tages lag in der Mitte der Nacht, mitten in der Dunkelheit.  

Auch das neue Kirchenjahr beginnt am kommenden Sonntag mitten in der dunkelsten Zeit des Jahres. Es beginnt mit der Adventszeit. Diese 4 Wochen des Wartens und der Stille bereiten uns vor auf das wunderbare Fest Weihnachten.  

Warten in der Dunkelheit auf etwas, das wir noch nicht sehen können, das kann schwierig sein. Auch Johann Hinrich Wichern wusste das. Der Theologe und Pädagoge ist der Erfinder des Adventskranzes. 1839 stellte er zum ersten Mal ein Wagenrad mit 20 kleinen und 4 großen Kerzen im Rauhen Haus in Hamburg auf, in dem Straßenkinder ein Zuhause fanden. Jeden Abend im Advent wurde eine Kerze angezündet; die Kinder zählten die Tage bis Weihnachten.  

Die Tage bis Weihnachten zählen und darauf vertrauen, dass Weihnachten kommt, trotz Dunkelheit und Pandemie, das wollen auch wir tun. Auf unserer Webseite finden Sie ab dem 1. Dezember einen digitalen Adventskalender. Dort können Sie bis Weihnachten jeden Tag ein Türchen öffnen, hinter dem sich Musik, ein Rätsel oder eine Geschichte befindet.  

Unser Kalender hat 24 Türchen, wie alle Adventskalender. Aber der Advent hat dieses Jahr 26 Tage und beginnt schon am 29.11., mit dem 1. Adventssonntag. Und da beginnt auch das neue Kirchenjahr. Alles ist auf Anfang gestellt; wir dürfen neu beginnen. Mitten in der Dunkelheit.

Ihre
Regina Schlingheider