Betrübnis, Hilflosigkeit und Not

Betrübnis, Hilflosigkeit und Not

Betrübnis, Hilflosigkeit und Not

# Tageslosung mit Auslegung

Betrübnis, Hilflosigkeit und Not

Gott, wir haben mit unsern Ohren gehört, unsre Väter haben‘s uns erzählt, was du getan hast zu ihren Zeiten, vor alters.
(Ps 44,2)


In seiner Gesamtheit betrachtet, ist der 44. Psalm ein Klagelied. Er ist ein Lied oder ein Gebet und mit seinen Worten bringt eine Gruppe ihre Betrübnis, ihre Hilflosigkeit und Not sowie vielleicht auch ihre Überforderung mit einer Situation zum Ausdruck.

»Hier klagt nicht eine Einzelperson, sondern ein ganzes Kollektiv (Gemeinde, Gemeinschaft). Heisst das, dass die Einzelperson sich in die kollektive Klage hineinfallen lassen kann und so einen gewissen Trost erfährt? Oder umgekehrt: Kann die Gemeinde als Ganze sich hinter die Leiderfahrungen einer Einzelnen stellen und sich zu eigen machen? Beides ist denkbar. Beide Betrachtungsweisen können in der Überforderung nützlich sein.«

Da ist von Verfolgung, von Spott, Hohn und Lästern die Rede. Feinde scheinen die Oberhand zu gewinnen und die, die sich immer zu Gott hielten, seinen Namen nicht vergaßen, die werden jetzt verfolgt. Das alles gibt es auch heute noch. Genauso wie die Frage: Wie kann Gott so etwas zulassen? Nun könnte man an der Seite Ijobs, Gott zu einem Streitgespräch herausfordern. Doch würde das gelingen und wo würde es hinführen? Oder ist Gott gegangen, hat er sich abgewendet, ist gar tot?

Die Beter_innen von Psalm 44 gehen ihren eigenen Weg. Ihrer Überzeugung nach schläft Gott. Und so ergeht am Ende die Bitte:
Wach auf, Herr! Warum schläfst du?
Werde wach und verstoß uns nicht für immer!
Mache dich auf, hilf uns
und erlöse uns um deiner Güte willen!

Entgegen allem Anschein und trotz dessen, dass die Worte von Psalm 44 mit Verzweiflung durchtränkt sind, prägt ein festes Vertrauen auf Gott und eine große Hoffnung dieses Lied oder Gebet. Der Glaube an Gott trägt die Beter_innen auch in der Not. Woher nehmen sie diese Gewissheit? Die Antwort auf diese Frage ist schlicht: Sie schauen in die Vergangenheit, sehen und hören die Berichte der Menschen vor ihnen über Gottes Handeln und erinnern sich daran.
Gott, wir haben mit unsern Ohren gehört, /
unsre Väter haben‘s uns erzählt,
was du getan hast zu ihren Zeiten, vor alters.

Gott war da und er ist da und wird für jede_n Beter_in des Psalms da sein. Das ist, was trägt. Ja, es ist ein »verzweifelter psalm«, aber aus dem, was überliefert ist, kann Vertrauen wachsen, dass Gott auch uns zur Seite steht. Psalmworte beten und andere biblische Texte meditieren, kann Hoffnung in manch ausweglos erscheinende Situation bringen.

Der Autor Xandi Bischoff hat alle 150 Lieder oder Gebete des Psalmenbuches meditiert, sie wieder und wieder gelesen und vergleicht diesen Prozess mit dem des Destillierens. Entstanden sind 150 Destillate, die er zusammen mit Bildern von Nadine Seeger und Kommentaren veröffentlicht hat. Das Destillat von Psalm 44 sehen Sie links im Bild.

Ihr
Vikar Sebastian Gebauer


Bild und Zitate aus: BISCHOFF, X. / SEEGER, N.: Psalmen destillieren. Alte Gebete neu lesen, Basel 2018, 54.234.

Psalm 44: https://www.die-bibel.de/bibeln/online-bibeln/lutherbibel-2017/bibeltext/bibelstelle/ps%2044/

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