Karwoche – Liebe ist stark wie der Tod

Karwoche – Liebe ist stark wie der Tod

Karwoche – Liebe ist stark wie der Tod

# Aus der Gemeinde ...

Karwoche – Liebe ist stark wie der Tod

„Es ist, als hätte jemand die Pausetaste gedrückt.“   

Fast täglich ist in diesen Krisentagen dieser Satz zu hören. Er klingt banal - die in ihm verborgene Wirklichkeit ist es nicht. Sie ist voller Schmerz und Trauer, voller Ängste und manchmal voller Aggression. Es ist ein Wahrnehmungssatz, ein gefühlter Satz, ein Satz, der in Worte zu fassen versucht, was eigentlich unaussprechbar ist. Er drückt Verunsicherung, Orientierungslosigkeit und Furcht vor dem kommenden Tag aus.

Ein Satz, der eine Krise, eine Entscheidung beschreibt. Jetzt und hier und heute.  Und doch erzählt er zugleich wahrhaftig vom mutigen Handeln sehr besonnener Menschen, die gemeinsam um jedes Leben kämpfen. Und es ist auch ein Satz für die neue Woche, die Karwoche, die mit dem Palmsonntag beginnt und die am Karsamstag, dem Stillen Samstag, endet.

Denn eine gelebte Karwoche versucht, den Weg durch eine Krise hindurch, einen Entscheidungsweg zu beschreiben, nachzufühlen, nachzuempfinden, nachzuleben. Und vor allen Dingen nachzubeten. Niemals geschieht dies, weil es eben Tradition ist, weil man schon immer am Karfreitag kein Fleisch isst und die Bundesliga nicht spielt. Sondern, weil in meinem Leben, in jedem Leben Krisen zu bewältigen sind. Ich muss mich entscheiden. Immer. Manchmal bekomme ich dazu Zeit, manchmal ist es eine verordnete Zwangspause. Manchmal muss ich mich einer Entscheidung fügen. Manchmal geht es wirklich um Leben und Tod.

In der Weitergabe und Bewahrung dieser Lebenswahrheit wird die Karwoche zu einer Woche der Glaubenden und der Vertrauenden. Sie erzählt von der großen Entscheidung, die vorbereitet wird. Pausenlos und für jedes Leben neu. Die Karwoche, das Wort kommt aus dem Althochdeutschen und bedeutet ‚trauern‘ oder ‚klagen‘, erzählt eine Geschichte nach, die, wie jede Geschichte, in einem großen Zusammenhang steht. Das Element der Pause, der Ruhe, der Stille ist in dieser Geschichte von großer Bedeutung, denn Krisenbewältigung erfordert immer Besinnung, Analyse und Nachdenken.

Im Vertrauen auf Gottes gute Schöpfung denke ich ihr also nach, der großen Geschichte vom Menschenkind Jesus aus Nazareth, das auf dem Weg durch die grausamste aller Krisen, den Tod, neu ins Leben als geliebtes Kind Gottes gegangen ist. Jesus zieht in Jerusalem ein, so singen wir und erzählen vom bunten Treiben in der herrlichen Stadt. Liebend, hassend, lachend, weinend - lebendig. Der Jubel ist nicht zu überhören, die Stadt schläft nicht. Jesus ist gekommen, ein Fest zu feiern. Das Fest der Befreiung: Erinnerung seines Volkes an die große Krise. Gott will, dass Seine Kinder frei sind und die Freiheit gebrauchen können. Gott befreit von Unterdrückung und Sklaverei. Damals, wie heute. Jesus erzählt davon, Jesus gibt sein Leben für diese Freiheit.

Sein Tod am Kreuz - grausam, brutal, nicht in Worte zu fassen, wirklich und wahr, ist in seiner Deutung die ganz große Pause, die absolute Stille, die klagende Sprachlosigkeit des Schöpfers. Der Ewige will kein Leid und keinen Schmerz. ER will immer das Leben. ER ist Schöpfer der Welt, des Verstandes, der Fähigkeit zum Mit-Leiden, zur Solidarität.

Davon hat sein geliebtes Kind Jesus sein ganzes Leben lang erzählt. Das hat er segnend getan. Ganz traditionell erneuernd. Lebendig, klug und mit dem Gedächtnis des liebenden Herzens. Jesus gibt weiter: Die Liebe ist bei Gott immer das Ergebnis der Entscheidung. Liebe ist stark wie der Tod, so steht es geschrieben. In unserem ratlosen Suchen nach einem Sinn der Ereignisse diese Entscheidung zu erahnen, vielleicht sogar neu zu lernen, sind wir alle eingeladen. Darum die Karwoche.  

Tage der Pause und der Stille. Krisentage.
Von Palmsonntag bis zum Karsamstag.

Danach, aber erst danach, ist Ostern. Das dauert dann viel länger als die Woche der Pause. Ostern dauert ein Leben lang, bis in die Ewigkeit hinein. Aber darüber reden wir erst in der nächsten Woche.

Eine gesegnete Karwoche wünscht Ihnen allen
Ihre Pfarrerin Barbara Gorgas

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