»Schaffe Recht!«

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»Schaffe Recht!«

# Predigten

»Schaffe Recht!«

Liebe Gemeinde, Sie haben die Möglichkeit, sich die Predigt quasi "live" in der Dorfkirche Alt-Tegel (als aufgezeichnetes Video) anzusehen oder sie im folgenden zu lesen. Ganz wie Sie mögen!



Pfarrerin Waetzoldt
Willkommen zum Gottesdienst heute am Sonntag mit dem Namen „Judika“, das heißt übersetzt „Schaffe Recht!“

Wir sind inzwischen mitten in der Passionszeit angekommen, in der wir den Leidensweg Jesu bedenken und auch ein Stück mitgehen. Durch seinen Leidensweg dient Jesus Christus uns Menschen, indem er uns den Weg zu Gott neu eröffnet. Diese Hoffnung, dass wir immer zu Gott kommen können, weil er immer für uns da ist, diese Zusage brauchen wir in diesen Zeiten ganz besonders.

So hören wir es auch im Wochenspruch für die heute beginnende Woche aus dem Matthäusevangelium im 20. Kapitel: "Der Menschensohn ist nicht gekommen, dass er sich dienen lasse, sondern dass er diene und gebe sein Leben als Lösegeld für viele."

Wir feiern diesen Gottesdienst im Namen Gottes, des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes. Unsere Hilfe steht im Namen des Herrn, der Himmel und Erde gemacht hat.

Ich lese den 43. Psalm
Schaffe mir Recht, Gott,
und führe meine Sache wider das treulose Volk
und errette mich von den falschen und bösen Leuten!

Denn du bist der Gott meiner Stärke:
Warum hast du mich verstoßen?
Warum muss ich so traurig gehen,
wenn mein Feind mich drängt?
Sende dein Licht und deine Wahrheit,
dass sie mich leiten
und bringen zu deinem heiligen Berg und zu deiner Wohnung,
dass ich hineingehe zum Altar Gottes,
zu dem Gott, der meine Freude und Wonne ist,
und dir, Gott, auf der Harfe danke, mein Gott.
Was betrübst du dich, meine Seele,
und bist so unruhig in mir?
Harre auf Gott; denn ich werde ihm noch danken, dass er
meines Angesichts Hilfe und mein Gott ist.

Ehr sei dem Vater und dem Sohn und dem Heiligen Geist. Wie es war im Anfang, jetzt und immerdar und von Ewigkeit zu Ewigkeit. Amen.

Tagesgebet
Gott, wir kommen zu dir mit allem, was uns in der vergangenen Woche bewegt hat. Da ist so vieles, was uns Angst und Sorge gemacht hat: Die Angst vor der Ansteckung, die Nachrichten aus Italien, Spanien und anderen Orten von den vielen Todesopfern, die der Coronavirus tagtäglich fordert. Wir fühlen uns ohnmächtig, weil wir spüren, dass wir so wenig tun können um uns selbst und andere zu schützen.

Gott, da war so vieles, das sich verändert hat, das unser Leben aus seinen gewohnte Bahnen geworfen hat! Das verunsichert uns noch mehr und wir wissen nicht, wie es weitergehen wird. Gott, da waren aber auch Momente des Glücks und der Freude! Die wollen wir nicht vergessen, sondern uns an ihnen festhalten, Hoffnung schöpfen und dir dafür danken. Wir bitten dich: Nimm dich unser an und hilf uns, dass wir uns neu ausrichten an deinem Sohn Jesus Christus, dem Anfänger und Vollender unseres Glaubens. Amen.

Evangeliumslesung Markus (10, 35-43 35) aus der Übersetzung der Basis Bibel
Jakobus und Johannes, die Söhne von Zebedäus, traten nahe an Jesus heran und sagten zu ihm: »Lehrer, wir möchten, dass du uns eine Bitte erfüllst.« Jesus fragte sie: »Was möchtet ihr denn? Was soll ich für euch tun?« Sie antworteten ihm: »Lass uns rechts und links neben dir sitzen, wenn du regieren wirst in deiner Herrlichkeit.« Aber Jesus sagte zu ihnen: »Ihr wisst nicht, um was ihr da bittet. Könnt ihr den Becher austrinken, den ich austrinke? Oder könnt ihr die Taufe auf euch nehmen, mit der ich getauft werde?« Sie antworteten ihm: »Das können wir.« Da sagte Jesus zu ihnen: »Ihr werdet tatsächlich den Becher austrinken, den ich austrinke. Und ihr werdet die Taufe auf euch nehmen, mit der ich getauft werde. Aber ich habe nicht zu entscheiden, wer rechts und links von mir sitzt. Dort werden die sitzen, die Gott dafür bestimmt hat.«

Die anderen zehn hörten das Gespräch mit an und ärgerten sich über Jakobus und Johannes. Da rief Jesus auch sie näher herbei und sagte zu ihnen: »Ihr wisst: Die Herrscher der Völker unterdrücken die Menschen, über die sie herrschen. Und die Machthaber missbrauchen ihre Macht. Aber bei euch darf das nicht so sein: Sondern wer von euch groß sein will, soll den anderen dienen. Und wer von euch der Erste sein will, soll der Sklave von allen sein. Denn auch der Menschensohn ist nicht gekommen, um sich dienen zu lassen. Im Gegenteil: Er ist gekommen, um anderen zu dienen und sein Leben hinzugeben als Lösegeld für die vielen Menschen.«
Wort des lebendigen Gottes. Amen.

Glaubensbekenntnis
Ich glaube an Gott, den Vater, den Allmächtigen, den Schöpfer des Himmels und der Erde.

Und an Jesus Christus, seinen eingeborenen Sohn, unsern Herrn, empfangen durch den Heiligen Geist, geboren von der Jungfrau Maria, gelitten unter Pontius Pilatus, gekreuzigt, gestorben und begraben; hinabgestiegen in das Reich des Todes, am dritten Tage auferstanden von den Toten, aufgefahren in den Himmel; er sitzt zur Rechten Gottes, des allmächtigen Vaters, von dort wird er kommen zu richten die Lebenden und die Toten.

Ich glaube an den Heiligen Geist, die heilige christliche Kirche, Gemeinschaft der Heiligen, Vergebung der Sünden, Auf-erstehung der Toten und das ewige Leben. Amen.

Predigt
Liebe Gemeinde, nichts ist mehr so, wie es noch in der vor 10 Tagen war: Sicher, viele von uns haben es kommen sehen, aber wie es sich dann wirklich auswirkt, wie es sich anfühlt, das ist noch einmal etwas ganz anderes: Wir haben die erste Woche mit dem Kontaktverbot erlebt, mit den vielen geschlossenen Geschäften und Restaurants, wir sehen Bilder von einem völlig leeren Pariser Platz vor dem Brandenburger Tor mitten am Tag, wo sich sonst viele Menschen von nah und fern begegnen.

Und viele von uns tun das, worum wir gebeten werden: wir bleiben freiwillig zu Hause. Und dann lernen wir ganz neue Verhaltensweisen: die Kontakte nach draußen werden immer mehr über das Telefon, Mails, Videokonferenzen und andere Medien gehalten, als über die persönliche Begegnung. Für andere aber sind mit diesen neuen Regeln viel tiefere Einschnitte verbunden: Sie sind in ihrer Existenz bedroht, wissen nicht, ob sie das Geschäft, das Restaurant, die Praxis halten oder in wenigen Wochen schließen müssen.

Nichts ist mehr so, wie es noch vor 10 Tagen war. Und es ist noch nicht klar, ob alle diese „Einschränkungen“ das Ergebnis erzielen, das sie sollen: Dass sich der Corona-Virus langsamer verbreitet und Menschen, die ihm nichts entgegenzusetzen haben, von ihm verschont bleiben, bis es einen wirksamen Impfstoff gibt, dass Menschenleben gerettet werden. Nichts ist mehr so, wie es noch vor wenigen Tagen war. Die Grundfeste unseres Lebens sind erschüttert, und wir sind verunsichert.

Um Verunsicherung und die Frage, was wirklich unsere Grundfeste sind, geht es auch in unserem heutigen Predigttest aus dem Hebräerbrief. Im 13. Kapitel in den Versen 12-14 lesen wir: Jesus hat, um das Volk durch sein eigenes Blut zu heiligen, außerhalb des Tores gelitten. Deshalb lasst uns zu ihm hin-ausgehen, außerhalb des Lagers, und seine Schmach tragen! Denn wir haben hier keine bleibende Stadt, sondern die zu-künftige suchen wir.

Wie war das damals? Als diese Worte geschrieben wurden? Die Leser des Briefes waren in einem Übergang: Der Tod Jesu und die Auferstehung waren schon einige Zeit her. Seitdem hatten sich die Menschen damit Mut gemacht, dass Jesus gesagt hatte, er würde bald wiederkommen und dann würde eine neue Zeit anbrechen, das Reich Gottes beginnen. Aber die Zeit war vergangen und Zweifel machten sich breit, wie es weitergehen würde, was es zu bedeuten habe, dass Jesus noch nicht wiedergekommen war.

Viele erlebten das als Krise. In ihrer Verunsicherung verhielten sie sich nicht anders als wir heute, die wir noch weniger als sonst wissen, wie es weitergehen wird: die einen zogen sich zurück, die anderen wollten lieber alle Zelte hinter sich abbrechen, um irgendwo neu anzufangen.

In diese Situation der Verunsicherung, hinein wurden diese biblischen Worte geschrieben: Wir haben hier keine bleibende Stadt, sondern die zukünftige suchen wir. Ein Satz, der seine Leserinnen und Leser, seine Hörerinnen und Hörer daran erinnert: Ihr könnt nicht berechnen, wie das Leben weitergeht. Es bleibt immer ein „Unsicherheitsfaktor“. Also seid nicht enttäuscht, dass es jetzt gerade nicht so läuft, wie ihr euch das vorgestellt habt!

Klammert euch nicht an das Leben hier und jetzt! Davon braucht ihr nicht alles zu erwarten, denn dieses Leben ist euch nicht sicher! Es kann von einem Moment zum anderen vorbei sein. Also: richtet euch nicht zu sehr ein im Hier und Jetzt! Denn es ist endlich, zeitlich begrenzt. Und wenn es zu Ende geht, dann zählt das Leben, das auf euch wartet! Darauf setzt eure Hoffnung!

Das ist es doch, warum Jesus gelebt hat. Warum er dann auch gelitten hat und den Weg ans Kreuz gegangen ist: Um euch zu zeigen, dass das Leben hier nicht das letzte und einzige ist, sondern dass es weitergeht – anders als das Leben, das ihr jetzt kennt.

Dass ihr das wisst ist so wichtig, denn daraus könnt ihr Mut schöpfen und euer Leben hier weiterleben, auch wenn ihr verunsichert seid, wenn ihr euch von manchem verabschieden müsst, was euch wichtig geworden ist, wenn ihr nicht wisst, wie es weiter gehen wird.

Geht hinaus, lebt euer Leben mit allem, was dazugehört, mit Freude und Leid, mit Liebe und Abneigung, mit Hoffnung und Trauer, mit Erfolg und mit Scheitern, mit Schuld und Vergebung. Kümmert euch um eure Familie, euren Freundeskreis, um die Menschen, die in eurer Nähe sind! Sorgt euch umeinander und füreinander, schafft euch eine Heimat, ein Zuhause – aber seid euch bewusst, dass dies immer nur eine vorübergehende Sicherheit ist. Haltet euch fest an der einen Sicherheit, die ewig besteht: An Gott, der für euch da ist, der euch begleitet in eurem Leben hier und jetzt, der aber auch schon vorgesorgt hat dafür, dass das Leben weitergeht.

Mit dieser Hoffnung könnt ihr euer Leben gestalten und mutig leben auch in schwierigen Zeiten: Es wird sich immer bewegen zwischen Sehnsucht nach zuhause und Aufbruch in die Zukunft. Die Lyrikerin Mascha Kaleko weiß um diese Spannung. Darum nennt sie ihr Gedicht „Rezept“.

„Sage nicht mein.
Es ist dir alles geliehen.
Lebe auf Zeit und sieh,
wie wenig du brauchst.
Richte dich ein.
Und halte den Koffer bereit“

Amen.

Fürbitten
Gott, wir sind ratlos und bringen unsere Ratlosigkeit vor dich. Wir sorgen uns um unsere Angehörigen und um uns selbst,wir sorgen uns um die Menschen, die sich einsam in ihren Wohnungen nach Zuwendung sehnen, die krank sind, die auf den Intensivstationen um ihr Leben kämpfen.
Wir bitten: Herr, erbarme dich

Wir sorgen uns, weil viele nicht wissen, wie es für sie weitergehen kann, die ihre Geschäfte schließen mussten, die ihren Arbeitsplatz verloren haben, die sich zuhause gestritten haben, deren bisherige Vorstellung von ihrer Zukunft zerbrochen ist.
Wir bitten: Herr, erbarme dich.

Wir danken dir für die Menschen, die in diesen Tagen für uns alle da sind, damit wir leben können und versorgt und sicher sein können: Für die Menschen in den Geschäften, im Ge-sundheitswesen, in den Verwaltungen, bei Feuerwehr und Polizei, bei Lieferdiensten und bei den öffentlichen Ver-kehrsmitteln, in der Politik und Wirtschaft, für alle, die dazu beitragen, dass das Nötige weiterhin funktioniert.
Wir bitten für sie: Herr, erbarme dich.

Wir danken dir auch für all die Menschen, die uns Mut machen, die als Nachbarinnen und Nachbarn füreinander da sind und sich gegenseitig helfen.

Wir danken dir, Gott, dass du für uns da sein willst: Mitten hinein in unsere Angst  schenkst du uns das Leben. Du schenkst uns Musik, Gemeinschaft und die Fürsorge unserer Freunde und Nachbarn. Du schenkst uns Inspiration, Freundlichkeit und Mut. Du schenkst uns den Glauben, die Liebe und die Hoffnung. 

Dir vertrauen wir uns an – heute und morgen und an jedem neuen Tag. Amen.

Und alles, was wir sonst noch auf dem Herzen haben, das legen wir hinein in die Worte, die Jesus selbst uns zu beten gelehrt hat: Vater Unser im Himmel, geheiligt werde dein Name, dein Reich komme, dein Wille geschehe, wie im Himmel so auf Erden. Unser tägliches Brot gib uns heute. Und vergib uns unsere Schuld, wie auch wir vergeben unsern Schuldigern. Und führe uns nicht in Versuchung, sondern erlöse uns von dem Bösen. Denn dein ist das Reich und die Kraft und die Herrlichkeit in Ewigkeit. Amen.

Segen
Gottes guter Segen sei mit euch, um euch zu schützen, um euch zu stützen auf allen Wegen.

So segne und behüte euch der allmächtige und barmherzige Gott, Vater, Sohn und Heiliger Geist. Amen.

Pfarrerin Stephanie Waetzoldt

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